Corona stellt Betriebsräte vor große Herausforderungen

Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit

Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit ist die vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit. Häufig wird bei einem Auftragsmangel Kurzarbeit eingesetzt, um betriebsbedingte Kündigungen des Arbeitgebers zu vermeiden. Kurzarbeit soll also der Beschäftigungssicherung dienen. Dies ist gerade in Zeiten von Corona enorm wichtig.

Kurzarbeit führt dazu, dass Arbeitnehmer weniger arbeiten müssen. Kurzarbeit führt aber auch dazu, dass Arbeitnehmer weniger Lohn erhalten, da die Vergütungspflicht des Arbeitgebers beschränkt wird.

Wie wird der Lohnausfall durch Kurzarbeit kompensiert?

Der aufgrund der verkürzten Arbeit nicht erwirtschaftete Lohn wird über das sogenannte „Kurzarbeitergeld“ teilweise kompensiert. Erste Voraussetzung ist, dass bei der Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld beantragt wird. Dies kann zwar auch der Betriebsrat beantragen. Ihr sollten dies jedoch den Arbeitgeber machen lassen, da die Beantragung recht umfangreich und komplex ist.  Sollte die Arbeitsagentur das „Kurzarbeitergeld“ bewilligen, so streckt der Arbeitgeber das „Kurzarbeitergeld“ vor und kann es sich von der Arbeitsagentur zurückholen.

Wichtig: Die einzelnen Beschäftigten können und müssen Kurzarbeitergeld nicht beantragen. Sollte der Arbeitgeber Kurzarbeit anstreben, sollte der Betriebsrat darauf hinwirken, dass der Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragt… für euch als Betriebsrat ist das eine erste wichtige Aufgabe!

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Das Kurzarbeitergeld beträgt für Beschäftigte grundsätzlich 60% des jeweiligen individuellen Nettogehalts (bei unterhaltspflichtigen Kindern 67%), maximal bis zu 2.891,65 Euro. Eine Berechnungshilfe kann bei der Arbeitsagentur abgerufen werden.

Kurzarbeit „auf 0“ oder Kurzarbeit „auf 50%“…was genau ist damit gemeint?

Kurzarbeit „auf 0“ bedeutet, dass der Beschäftigte in dem Zeitraum, in welchem Kurzarbeit stattfinden soll, überhaupt nicht mehr arbeitet. In diesem Zeitraum erhält er 0% Lohn aber 100% Kurzarbeitergeld. Zur Erinnerung: Kurzarbeitergeld sind nur 60% vom Netto. Bei 100% Kurzarbeit hat der Beschäftigte am Ende also nur noch 60% seines normalen Nettos im Geldbeutel.

Kurzarbeit „auf 50“ bedeutet, dass der Beschäftigte in dem Zeitraum, in welchem Kurzarbeit stattfinden soll, zu 50% normal arbeitet und zu 50% nicht mehr arbeitet. In diesem Zeitraum erhält er für die 50% normale Arbeit seinen üblichen Lohn (also 50% seines normalen Gehalts) sowie für die 50% nicht geleistete Arbeit Kurzarbeitergeld (also 60% seines Nettos). Im Ergebnis ist also der Verlust des Beschäftigten nicht 50%, sondern nur 20% Verlust vom Netto.

Die Quote, zu welcher Kurzarbeit geleistet werden soll, kann also zwischen 100% und 0% liegen und richtet sich nach den Begebenheiten des jeweiligen Betriebs.

Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Die Bezugsdauer ist nicht auf den Anspruch des einzelnen Kurzarbeiters ausgelegt, sondern auf die zugelassene Bezugsdauer für den Betrieb. Die gesetzliche Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld beträgt 12 Monate. Sie kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Was bedeutet „Aufstockung“ des Kurzarbeitergelds?

„Aufstockung“ ist ein freiwilliger Zuschuss des Arbeitgebers zusätzlich zum Kurzarbeitergeld, um die Verluste bei Beschäftigten zu mildern.

Für euch als Betriebsräte geht es insbesondere darum, genau dies in eine Betriebsvereinbarung rein zu verhandeln.

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Unter welchen Voraussetzungen kann Kurzarbeit angeordnet werden?

Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht einseitig im Wege seines sogenannten Direktionsrechts anordnen. Die Einführung von Kurzarbeit setzt entweder

  • eine Vereinbarung mit dem Beschäftigten (individualvertraglich) oder
  • eine wirksame Änderungskündigung (individualvertraglich) oder
  • eine Vereinbarung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung (kollektivrechtlich)

voraus.

Ihr müsst euch also mit eurem Arbeitgeber zusammensetzten und eine Betriebsvereinbarung Kurzarbeit beschießen.

Der Arbeitgeber hat rechtswidrig Kurzarbeit angeordnet: Was passiert jetzt?

Ordnet der Arbeitgeber rechtswidrig Kurzarbeit an, führt dies nicht zu einer vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit. Beschäftigte behalten ihren vollen (!) Vergütungsanspruch, auch wenn sie in der Vergangenheit aufgrund der Weisung des Arbeitgebers nur reduziert gearbeitet haben. Für die Zukunft müssen die Beschäftigten aber normal arbeitet, um ihren vollen Vergütungsanspruch zu erhalten.

Kurzarbeit und Corona

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Corona- Krise Erleichterungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen.

Diese Erleichterungen werden rückwirkend zum 01. März 2020 in Kraft treten und rückwirkend ausgezahlt. Folgende Erleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld hat der Gesetzgeber beschlossen:

  1. Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten einen Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10 Prozent haben.
  2. Anfallende Sozialversicherungsbeiträge werden für ausgefallene Arbeitsstunden zu 100 Prozent erstattet.
  3. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können ebenfalls in Kurzarbeit gehen und haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
  4. In Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet.

Was hat der Betriebsrat mit Kurzarbeit zu tun?

Der Betriebsrat hat über die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG und § 99 Abs. 1). Es muss also eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verhandelt werden.

Das bedeutet, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich über den Zeitpunkt der Einführung und den Umfang der Kurzarbeit einigen müssen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle, deren Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 87 Abs. 2 i.V.m. § 76 BetrVG). Es handelt sich her also um erzwingbare Mitbestimmung.

Wie muss so eine Betriebsvereinbarung aussehen?

Bei einer Betriebsvereinbarung Kurzarbeit geht es zu einem großen Teil um die Aufstockung des Kurzarbeitergelds und die Sicherung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Es müssen jedoch auch Regelungen zur Dauer, Umfang und z.B. zum Umgang mit Urlaub und Krankheit verhandelt werden. Der Teufel liegt hier oft im Detail!

Wir raten ausdrücklich davon ab, blind Muster aus dem Internet zu verwenden. Es kursieren derzeit viele Muster im Internet, die eher als gelungenes Beispiel dafür dienen, wie man es als Betriebsrat nicht machen sollte.

Bei Fragen rund um das Thema Betriebsvereinbarung könnt ihr euch gerne an uns wenden. Wir haben bereits vor der Corona- Krise viele Verhandlungen mit Arbeitgebern zum Thema Kurzarbeit geführt. Wir sind also sehr erfahren und helfen euch gerne!

Kann der Betriebsrat die Einführung von Kurzarbeit verlangen und kann er ggf. die Einführung von Kurzarbeit verhindern?

Antwort auf beide Fragen: Ja.

Kurzarbeit ist betriebsverfassungsrechtlich eine mitbestimmungspflichtige vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit. Dies bedeutet, der Arbeitgeber kann keine Kurzarbeit ohne Zustimmung des Betriebsrates oder einer Einigungsstellenentscheidung anordnen. Auf der anderen Seite kann der Betriebsrat von seinem Initiativrecht Gebrauch machen und Kurzarbeit verlangen. Können sich die Betriebsparteien in diesem Fall nicht einigen, entscheidet die Einigungsstelle.

Grundsätzlich bedarf diese Entscheidung einer besonnenen vorherigen Prüfung durch die Betriebsräte, ob alle milderen Mittel ergriffen wurden, damit Nachteile für die Beschäftigten verhindert werden können. In jedem Fall ist der Betriebsrat gut beraten, wenn er sich Sachverstand zur Einschätzung der betrieblichen Situation hinzuzieht (vergleiche Hinweise für Betriebsräte zur Kurzarbeit).

Hinzuweisen ist, dass aktuell Verhandlungen zur Erweiterung und Erleichterung der Kurzarbeit bzw. des Kurzarbeitergeldes auf politischer Ebene stattfinden. Es ist damit zu rechnen, dass Mitte der 12. Kalenderwoche, nachdem Spitzengespräche mit den Verbänden geführt wurden, eine entsprechende Verordnung erlassen wird.

Kann der Betriebsrat sich gegen die Anordnung von „Zwangsurlaub“ wehren?

Ja, er kann seine Zustimmung zu sog. „Betriebsferien“ oder „Zwangsurlaub“ verweigern mit der Folge, dass der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen muss, wenn er an seinem Vorhaben festhalten will. Der Betriebsrat hat bezüglich der Urlaubsgrundsätze, des Urlaubsplans und sogar bezüglich der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Beschäftigte ein Mitbestimmungsrecht. Anordnungen von Urlaub ohne Zustimmung des Betriebsrates oder eine diesbezügliche Entscheidung der Einigungsstelle ist rechtlich unmöglich. Die derzeitige Gefährdungslage ändert nichts an dieser Tatsache.

Möglicherweise gibt es aber auch hier und da in Betrieben ein Interesse, gemeinsame Regelungen zu finden, um den Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen kurzfristig und schneller Urlaub zu beantragen oder zu gewähren, wenn sie das möchten. Der Betriebsrat sollte in seine Überlegung mit aufnehmen, dass zur Vermeidung einer bevorstehenden Kurzarbeit der vorherige Abbau von Urlaubstagen möglicherweise im Interesse der Beschäftigten stehen kann. Deshalb sollte der Betriebsrat gerade in dieser Zeit ein Ohr für die Beschäftigten haben.

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass Beschäftigte ihren Resturlaub für die Kurzarbeit „verbrauchen“?

Ja. Resturlaub, also Urlaub aus dem Vorjahr, muss abgebaut werden.

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass Beschäftigte ihr Arbeitszeitkonto auflösen?

JEIN… Die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens kann nicht verlangt werden, soweit es

  1. vertraglich ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit (§ 101 Absatz 1 SHB III, Saison- Kurzarbeitergeld) bestimmt ist und den Umfang von 50 Stunden nicht übersteigt
  2. ausschließlich für die in § 7c Absatz 1 SGB IV genannten Zwecke bestimmt ist, also insbesondere Altersteilzeit
  3. zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart worden ist und den Umfang von 150 Stunden nicht übersteigt,
  4. den Umfang von 10 Prozent der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit eines Beschäftigten übersteigt oder
  5. länger als ein Jahr unverändert bestanden hat.

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass alle Überstunden abgebaut werden müssen?

Ja. Das ist sogar eine Mindestvoraussetzung, welche die Arbeitsagentur verlangt, bevor sie Kurzarbeitergeld zahlt.

Muss der Arbeitgeber vor Kurzarbeit zunächst Leiharbeitnehmer entlassen?

Nein. Die Freistellung von Zeitarbeitnehmern, die im kurzarbeitenden Betrieb beschäftigt werden oder auch das Auslaufenlassen von befristeten Beschäftigungsverhältnissen verlangt die Arbeitsagentur für das Gewähren von Kurzarbeitergeld nicht.

Können Beschäftigte während der Kurzarbeit an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen?

Ja. Die Teilnahme von Kurzarbeitern an Qualifizierungsmaßnahmen während einer Kurzarbeitsphase steht der Gewährung von Kurzarbeitergeld grundsätzlich nicht entgegen. Beschäftigte können die Zeit der Kurzarbeit also durchaus sinnvoll nutzen.

Welche Möglichkeiten haben wir bei einer BV Kurzarbeit über eine Aufstockung zu verhandeln?

Derzeit ist die Aufstockung des Kurzarbeitergelds in einer großen Diskussion. Der Gesetzgeber tut sich schwer mit der Forderung der Gewerkschaften, die Aufstockung per Gesetz auf 90% zu setzen. Das wird sicherlich kurzfristig auch nichts passieren. Insofern bleibt dem Betriebsrat nur die Möglichkeit, eine Aufstockung durch Betriebsvereinbarung zu erreichen. Als Argument könnte dies helfen:

In Betrieben mit Kurzarbeit werden den Arbeitgebern die Beiträge zur Sozialversicherung zurückerstattet. Allerdings nicht nur die Arbeitgeberanteile, sondern auch der Anteil der Beschäftigten. Doch das ist das Geld der Kolleginnen und Kollegen. Durch die Aufstockung wird den Mitarbeitern nur ein Teil der Ersparnis zurückgegeben.

Hier kann man in den Verhandlungen letztlich nur an die Gerechtigkeit appellieren. Im Ergebnis ist es eben auch so, dass der Arbeitgeber ohne eure Zustimmung also ohne die den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema Kurzarbeitergeld die Kurzarbeit nicht einführen kann.

Wir unterstützen Eure Verhandlungen gerne auch persönlich!

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