Der örtliche Betriebsrat fordert (i.E. erfolgreich) Auskunft über Arbeitszeiten von Aussendienstmitarbeitern, für die nach einer Gesamtbetriebsvereinbarung Vertrauensarbeitszeit gelten soll.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der örtliche Betriebsrat kann vom Arbeitgeber Auskunft über die Arbeitszeiten der Vertriebsaußendienstmitarbeiter insoweit verlangen, als ihm Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Über- und Unterstunden gegenüber der wöchentlichen Arbeitszeit sowie Sonn- und Feiertagsstunden mitzuteilen sind. Der Anspruch ergibt sich aus § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

Nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten zur Durchführung dessen gesetzlicher Aufgaben. Korrespondierend dazu besteht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats.

Vorliegend sind Aufgaben des Betriebsrats gegeben.

Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört die Überprüfung, ob die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen entsprechend § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG eingehalten werden. Die Unterrichtung soll es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben ergeben und er tätig werden muss.

Hier beruft sich der örtliche Betriebsrat darauf, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, namentlich §§ 5 Abs. 1, 7 ArbZG, überwachen zu wollen.

Die verlangten Informationen sind zur Durchführung dieser Überwachungsaufgabe erforderlich.

Zur Kontrolle der Einhaltung der nach § 5 Abs. 1 ArbZG vorgegebenen Ruhezeiten muss er um Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Mitarbeiter wissen.

Abweichungen von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind mitzuteilen, um dem Betriebsrat zu ermöglichen, die Einhaltung der von ihm genannten Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu überwachen. Demselben Zweck dient auch die Auskunft über Sonn- und Feiertagsarbeit.

Anders als der Arbeitgeber meint, ist für die genannte Überwachung der örtliche Betriebsrat zuständig, der damit auch Inhaber des Auskunftsanspruchs ist.

Die Überwachungsaufgabe des § 80 Abs. 1 BetrVG ist allein an das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, namentlich an die Eröffnung des Aufgabenbereichs, geknüpft; vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte ist sie – anders, als es das Arbeitsgericht entschieden hat – unabhängig.

Umgekehrt ist nicht der Gesamtbetriebsrat vorliegend deshalb zuständig, weil er die GBV geschlossen hat, deren Durchführung durch die Informationen kontrolliert werden soll. Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen den auf der Betriebs- und Unternehmensebene errichteten Arbeitnehmervertretungen richtet sich nach § 50 BetrVG.

Dem Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.

Die Zuständigkeitsverteilung nach dieser Vorschrift betrifft aber nur die im Betriebsverfassungsgesetz geregelten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, bei denen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Regelungsbefugnis eröffnet ist. Bei Beteiligungssachverhalten, die einer weiteren Ausgestaltung durch die Betriebsparteien nicht zugänglich sind oder einer solchen nicht bedürfen, findet § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG keine Anwendung, so dass es bei der Zuständigkeit des Betriebsrats verbleibt.

Dies betrifft etwa die Geltendmachung von Rechtsansprüchen, die allein vom Vorliegen der im Gesetz bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen abhängig sind. Dazu gehört auch die Wahrnehmung des Überwachungsrechts nach § 80 Abs. 1 BetrVG.

Der Betriebsrat entscheidet allein, ob und auf welche Weise er seine Überwachungsaufgabe wahrnimmt. Die gesetzliche Aufgabenzuweisung an den Betriebsrat bleibt bestehen, wenn der Gesamtbetriebsrat im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit eine Betriebsvereinbarung abschließt. Für dieses Verständnis spricht, dass der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht nur über die Einhaltung seiner eigenen Regelungen zu wachen hat, sondern auch über die anderer Normgeber. Auf die Frage, ob die Regelungszuständigkeit für die Arbeitszeit der Vertriebsaußendienstmitarbeiter beim örtlichen oder beim Gesamtbetriebsrat liegt, kommt es daher vorliegend nicht an.

Die Erfüllung des Anspruchs ist dem Arbeitgeber, anders als dieser meint, nicht unmöglich. Die Tatsache, dass sie die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer nicht erfasst, steht dem Anspruch nicht entgegen.

In der GBV ist vereinbart, dass die Mitarbeiter im Vertriebsaußendienst innerhalb des festgelegten Arbeitszeitrahmens die Arbeitszeiten selbst bestimmen (Ziff. 5). Eine Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber erfolgt nicht; die Mitarbeiter sind allein zur Aufschreibung derjenigen Arbeitstage verpflichtet, in denen sie mehr als acht Stunden gearbeitet haben (Ziff. 8.2.).

Über die Pflicht des Arbeitgebers zur Auskunft gegenüber dem Betriebsrat ist damit jedoch nichts gesagt. Zwar ist eine Information grundsätzlich nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn der Schuldner tatsächlich über sie verfügt. Doch gilt dann etwas anderes, wenn der Arbeitgeber die notwendigen Daten nur deshalb nicht hat, weil er sie nicht erheben will. Die Zurückhaltung der Erhebung im Zusammenhang mit der Vertrauensarbeitszeit ist ein Zugeständnis des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern, das nicht das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis zum Betriebsrat beeinflussen kann. Dies gilt umso mehr, als die Informationen jedenfalls bei den Arbeitnehmern liegen und vom Arbeitgeber unschwer beschafft werden können. In einem solchen Fall kann die den Arbeitnehmern versprochene Zurückhaltung dadurch eingehalten werden, dass eine inhaltliche Kontrolle der Angaben durch den Arbeitgeber nicht erfolgen; wie in § 16 ArbZG kann auch hier eine Delegation der Verpflichtung erfolgen.

Ein anderweitiger gesetzgeberischer Wille ist nicht erkennbar: zwar ist der deutsche Gesetzgeber bisher nach dem Urteil des EuGH vom 14.05.2019 (Az: C-55/18), wonach Arbeitgeber gegenüber ihren Mitarbeitern zur Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet seien, bisher noch nicht regelnd tätig geworden. Dies schließt aber einen Anspruch des Betriebsrats nicht aus, der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon bisher gegeben war und dessen Sinn, die Arbeitnehmer noch von anderer Seite zu schützen, nicht zu beanstanden ist.

Der örtliche Betriebsrat hat weiterhin Anspruch auf Überlassung der Unterlagen zur Arbeitszeiten, die über die täglichen acht Stunden hinausgehen. Der Anspruch ergibt sich aus § 16 Abs. 2 ArbZG, den Ziff. 8.3. der GBV wiederholt.

Derartige Aufzeichnungen sind vorliegend vorhanden: die GBV sieht in Ziffer 8.2. gerade eine derartige Aufschreibungspflicht der Mitarbeiter vor. Dabei ist eine Delegation der Aufzeichnung an die Arbeitnehmer möglich. Die teilweise geäußerte Kritik an der Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs. 2 ArbZG im Fall von Vertrauensarbeitszeit betrifft nicht die Frage der Aufzeichnung an sich, sondern die, ab welcher Stundenzahl eine Aufzeichnung erfolgen solle, wenn die Tagesarbeitszeit disponibel sei und nicht notwendig acht Stunden betrage. Diese Frage ist vorliegend nicht von den Beteiligten problematisiert worden und durch Ziff.8.2. GBV geregelt.

Der örtliche Betriebsrat hat hingegen keinen Anspruch auf die Überlassung von Unterlagen nach § 11 BV. Die BV gilt nicht für die Vertriebsaußendienstmitarbeiter.

LAG München, 11.07.2022 – Az: 4 TaBV 9/22